Besuch des Fritz Bauer Platzes
Auf dem Weg zum Denkmal wurde zunächst noch der Dom Heinrichs des Löwen besichtigt und der Fritz Bauer Platz, der gegenüber vor der Generalstaatsanwaltschaft liegt. Bisher hatte Aiko Kino noch keine Kenntnis von Fritz Bauer – eine Wissenslücke, die sich jetzt schloss.

Vor der Generalstaatsanwaltschaft

Vor der Generalstaatsanwaltschaft

… am Fritz Bauer Platz

… am Fritz Bauer Platz

Hier erfuhr sie einiges über den ehemaligen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, über dessen Remer-Prozess in Braunschweig, über das spätere Wirken in Frankfurt (mit dem Auschwitz-Prozess) und den umfangreichen Ermittlungen zur NS-„Euthanasie“, die zur großen Anklageschrift von Bauer im Jahre 1962 gegen Dr. Werner Heyde u.a. führten.

Im Begleitprogramm zum „Denkmal der Grauen Busse“ gab es dazu einen Vortrag, der gerade über den lange vergessenen Beitrag von Fritz Bauer zur Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“ informierte. Die Anklageschrift mit ihren 833 Seiten wurde eine wichtige Grundlage für die spätere historische Forschung zur NS-„Euthanasie“, insbesondere für Ernst Klee.

Das „Denkmal der Grauen Busse“ auf dem Schlossplatz
Sehr zentral gelegen – auf dem Schlossplatz vor den Schlossarkaden – steht das mobile Denkmal, das von der Bevölkerung mit großem Interesse wahrgenommen wurde.

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In der Ausstellung zum Grauen Bus (im Schloss-Carree)
Nicht weit entfernt vom mobilen Denkmal – im Schloss-Carree, auf der anderen Seite des Bohlweges – ist die Ausstellung zum Grauen Bus zu sehen. Über 5000 Besucher gab es, mit zahlreichen Führungen auch für Schulklassen.

Hans-Peter Koch von der Initiative „Grauer Bus“ (Braunschweig) führte Aiko Kino durch die regionale Ausstellung, mit Informationen über Maßnahmen zur NS-„Euthanasie“ in Königslutter (einer damaligen Zwischenanstalt), in Neuerkerode und Liebenburg.

Hans-Peter Koch und Aiko Kino

Hans-Peter Koch und Aiko Kino

Mit Informationen über ein „Euthanasie“- Opfer

Mit Informationen über ein „Euthanasie“- Opfer

Vitrine zur Tötungsarten bei der NS-„Euthanasie“

Vitrine zur Tötungsarten bei der NS-„Euthanasie“

Udo Dittmann und Aiko Kino vor dem bekannten Bild über Kosten-Nutzen-Rechnungen bezüglich der Behinderten

Udo Dittmann und Aiko Kino vor dem bekannten Bild über Kosten-Nutzen-Rechnungen bezüglich der Behinderten

Besuch der Gedenkstätte „Helmstedter Straße“ mit der Schüler-Ausstellung zur NS-„Euthanasie“
Der Verein der „Gedenkstätte für Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ ist Träger der Gedenkstätte. Der Leiter des Vereins, Ulrich Schade, führte den japanischen Gast durch die Ausstellung „hingesehen – weggeschaut?“, die von Schülern der IGS Peine-Vöhrum erstellt wurde.

Ulrich Schade erläutert die Ausstellung

Ulrich Schade erläutert die Ausstellung

Zum Gedenken an „Harfen-Agnes“, einem der ersten NS-„Euthanasie“-Opfer in Königslutter

Zum Gedenken an „Harfen-Agnes“, einem der ersten NS-„Euthanasie“-Opfer in Königslutter

Die Schüler-Ausstellung ist eine gute Ergänzung zur Ausstellung „Grauer Bus“. Schüler haben einen andern Blick, die Ausstellung ist „sinnlicher“ und bildhafter. Es gibt nur wenige Texttafeln, die sich auf das Wichtigste beschränken. Die Ausstellung wird ausdruckvoll durch Gegenstände und selbst erstelltes Material. – Die Information zur „Harfen-Agnes“ wird ergänzt durch Kleidungsstücke und Hut. „Harfen-Agnes“ war ein Braunschweiger Original, stadtbekannt mit ihrer Musik. In der Landeskrankenanstalt Königslutter starb sie am 2.Sept. 1939, vermutlich eines der ersten „Euthanasie-Opfer“ in Braunschweig.

Eine Besonderheit in der Ausstellung sind die ausgestellten Totenbücher mit den Namen der Opfer des Krieges, die auf den benachbarten Friedhöfen bestattet sind. Unterschiedslos sind dort die Namen der Opfer und Täter benannt, darunter auch die Namen der „Euthanasie“-Opfer.

Ulrich Schade stellt das Totenbuch vor.

Ulrich Schade stellt das Totenbuch vor.

Das rote Fragezeichen steht dafür, dass in Braunschweig noch ein Denkmal für die „Euthanasie“-Opfer fehlt.

Das rote Fragezeichen steht dafür, dass in Braunschweig noch ein Denkmal für die „Euthanasie“-Opfer fehlt.

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen: So stellen Schüler das Wegschauen dar.

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen: So stellen Schüler das Wegschauen dar.

Den Schülerinnen, die die Ausstellung machten, war der Hinweis wichtig, dass auf dem Friedhof an der Helmstedter Straße keinerlei Gedenktafel oder Mahnmal an das Schicksal und die Namen der Euthanasieopfer erinnert. Das sollte nach Möglichkeit geändert werden.

Bisher gibt es nur ein Urnenfeld mit Opfern der „Euthanasie“-Aktion, das auf dem Urnenfriedhof zu finden ist.

Nach dem Besuch der Gedenkstätte erfolgte eine Besichtigung des Ausländerfriedhofes, auf dem zahlreiche Zwangsarbeiter aus dem 2.Weltkrieg bestattet wurden.

Auf dem Ausländerfriedhof
Auf dem Ausländerfriedhof (des städtischen Friedhofs Braunschweig) sind zahlreiche Massengräber von Zwangsarbeitern aus dem 2. Weltkrieg. Insgesamt liegen hier 1164 Personen begraben (Polen, Ukrainer und Russen und Angehörige anderer Nationalitäten, z.B. Niederländer und eine große Anzahl ermordeter Kinder von Zwangsarbeiterinnen).

Auf dem Weg zum Ausländerfriedhof

Auf dem Weg zum Ausländerfriedhof

Vor dem Denkmal toter polnischer Zwangsarbeiter

Vor dem Denkmal toter polnischer Zwangsarbeiter

Massengräber von Zwangsarbeitern

Massengräber von Zwangsarbeitern

Auf dem Weg zum ukrainischen Denkmal

Auf dem Weg zum ukrainischen Denkmal

Ulrich Schade und Aiko Kino

Ulrich Schade und Aiko Kino

Das Symbol der Ukraine - die drei Völker der Rus: Ukrainer, Russen und Weißrussen

Das Symbol der Ukraine – die drei Völker der Rus: Ukrainer, Russen und Weißrussen

Vor dem russischen Denkmal

Vor dem russischen Denkmal

Ulrich Schade erläutert die besondere Situation der russischen Kriegsgefangenen. Die Überlebenden wurden nach dem Krieg in Russland als Kollaborateure betrachtet.

Ulrich Schade erläutert die besondere Situation der russischen Kriegsgefangenen. Die Überlebenden wurden nach dem Krieg in Russland als Kollaborateure betrachtet.

Die Gedenkstätte hatte es bei der Entstehung nicht unbedingt leicht und kaum Unterstützung von der Stadt Braunschweig bekommen. Noch heute ist sie als einzige der Gedenkstätten in Braunschweig nicht auf der Webseite der Stadt aufgeführt.

Gedenkstätte für Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft,
Braunschweiger Friedhöfe e.V.
Helmstedter Straße 54a
38126 Braunschweig
www.gedenkstaette-friedenskapelle.de

Udo Dittmann (Oktober 2015)

Noch eine Anmerkung zu unserem japanischen Gast:
Aiko Kino wird in Japan ihre Doktorarbeit zum Thema „Zwangssterilisation“ schreiben. In diesem Zusammenhang sprachen wir während ihres Besuches in der Gedenkstätte auch über die Entwicklung der Eugenik in der Weimarer Zeit. Dabei fiel der Name Alfred Grotjahn, einem der bekanntesten Eugeniker seiner Zeit und Reichstagsabgeordneter der SPD. Er hatte 1926 sein wichtiges Werk „Hygiene der menschlichen Fortpflanzung“ geschrieben. Grotjahn ist auch in Japan bekannt.

Aiko Kino war überrascht, als sie erfuhr, dass Grotjahn aus Schladen, einem kleinen Ort bei Braunschweig kam. Noch heute gibt es dort die Grotjahn-Stiftung, die von dessen Großvater Heinrich Grotjahn gegründet wurde. Ursprünglich wurde sie von ihm 1851 als eine Anstalt zur Erziehung sittlich gefährdeter oder verwahrloster Knaben gegründet, heute ist es ein Alten- und Pflegeheim.

Aiko Kino hat ihre erste Arbeit zum Thema NS-„Euthanasie“ über die Tötungsanstalt Grafeneck geschrieben, auf japanisch. Es wäre schön, wenn sie ihre weiteren Arbeiten jeweils auch in deutscher Sprache schreiben würde. Es könnte sehr interessant sein …

Kategorien: 2015